Fast alle Privatanleger verlieren Geld mit Market Timing

 

In den letzten Artikeln (1, 2) habe ich schon über das enorme Potential des Aktienmarkts geschrieben, Vermögen aufzubauen. Ob wir aber langfristig Vermögen aufbauen oder vernichten, liegt zum größten Teil an uns, bzw. an unserem Verhalten beim Investieren. Genau hier stehen wir uns meist selbst im Weg. Schon der berühmte Wirtschaftswissenschaftler und Begründer des Value-Investing Benjamin Graham (Lehrer Warren Buffets) wusste:

The investor’s chief problem – and even his worst enemy – is likely to be himself.

Wir denken, dass wir mit etwas Wissen den Aktienmarkt schlagen können

Market Timing ist eine Anlagestrategie, die versucht durch aktive Wahl der Kauf- und Verkaufszeitpunkte von Wertpapieren Erträge zu erwirtschaften und dadurch die durchschnittliche Rendite des Aktienmarkts zu schlagen.

Die Fakten dazu sind schon lange bekannt. Privatinvestoren schneiden im Schnitt 1,5% schlechter ab als ihr Vergleichsmarkt. Aktive private Trader, die besonders viel Market Timing betreiben, underperformen den Markt sogar um 6,5%1. Wir denken aber, dass wir durch Market Timing besser sein können als der Rest des Marktes, wenn wir regelmäßig den Finanz- und Wirtschaftsteil der bekannten Zeitungen oder Websites lesen. Fakt ist aber, das können nur die wenigsten.

Es klingt zwar einfach bei niedrigen Kursen einzusteigen und bei hohen Kursen wieder zu verkaufen, aber im Endeffekt machen wir meist genau das Gegenteil. Das liegt in der Natur des Menschen und Schuld daran sind Gier auf der einen Seite und Angst auf der anderen. Diese zwei Charaktereigenschaften bewirken bei uns irrationales Verhalten, dass genau zum Gegenteil führt, was wir eigentlich wollen: Wir vernichten Vermögen, statt welches aufzubauen.

In der Praxis sieht das meistens so aus: Wir kaufen ein paar Aktien oder Fonds und am Anfang sieht alles gut aus. Es gibt zwar ein paar Verlierer, bei denen die Kurse fallen, aber bei den Gewinner Positionen steigen die Kurse genug, um die “Verluste” auszugleichen. Verluste in Anführungszeichen, weil sie lediglich im Buch stehen, aber noch nicht realisiert wurden. Wir freuen uns über die Kursgewinner und wollen den Buchgewinn auch auf dem Konto sehen. Also verkaufen wir sie gierig.

Dann passiert folgendes: Eine oder mehrere Positionen entwickeln sich für eine Zeit negativ. Wir hoffen aber, dass sie wieder zurückkommt und haben uns keinen festen Stop-Loss gesetzt. Langsam kommt Angst auf und geleitet von dem Gefühl der Angst, entscheiden wir uns den Verlierer zu verkaufen. Damit ist der Verlust eingeloggt! Oft ist das dann genau der Punkt, an dem der Markt wieder nach oben dreht. Bevor wir aber den Mut haben nochmal einzusteigen, hat sich der Markt schon fast wieder erholt.

Es reicht nicht einen Glückstreffer zu landen

Um erfolgreich die Marktrendite schlagen zu können, muss man sich zweimal richtig entscheiden. Für einen Kauf- und einen Verkaufzeitpunkt. Die Wahrscheinlichkeit durch Glückstreffer langfristig Geld zu verdienen ist also relativ gering. Wirtschaftsnobelpreisträger William F. Sharpe schrieb in seiner vielzitierten Studie “Likely Gains from Market Timing” von 1975, dass ein Anleger nur dann Market Timing betreiben sollte, wenn er mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 70% ein Bullenjahr (Kurse gehen hoch) von einem Bärenjahr (Kurse gehen runter) unterscheiden kann.

Um überhaupt eine Chance zu haben, muss man also irgendeinen Vorsprung vor dem Rest des Marktes haben. Das könnten z.B. aktuellere Finanzinformationen oder bessere analytische Fähigkeiten bzw. Systeme sein. Die Frage, ob man sich als Privatanleger mit den großen Hedgefonds oder Banken messen kann, muss sich jeder selbst beantworten.

Selbst wenn man es schafft langfristig die richtigen Ein- und Ausstiegspunkte zu finden, muss man immer noch die Transaktionskosten (z.B. Börsen- und Brokergebühren) erwirtschaften, denn eine alte Börsenweisheit besagt schon:

Hin und her macht Taschen leer!

Nicht “Time the Market” sondern “Time in the Market”

Das Problem beim Market Timing ist nicht nur, dass man durch seine Emotionen zu irrationalem Handeln neigt, auch wenn man eine strikte Trading-Strategie hat, ist es sehr schwer gerade die Tage zu erwischen, an denen der Markt die großen Bewegungen macht.

Die großen Bewegungen erfolgen nämlich an nur wenigen Tagen. Wenn man z.B. beim DAX seit seiner Auflegung die 15 Tage mit den höchsten Tagesgewinnen weglässt, kommt man statt einer tatsächlichen durchschnittlichen Jahresrendite von über 8% nur noch auf die Hälfte2. Beim amerikanischen S&P 500 sieht das genauso aus. Eigentlich ist die Underperformance sogar noch größer, wenn man den Zinseszinseffekt bedenkt. Außerdem kassieren wir, wenn wir nicht investiert sind, natürlich auch keine Dividendenden.

 Fazit:

Den Markt timen zu wollen scheint zwar verlockend, aber die großen Kursbewegungen erfolgen an nur sehr wenigen Tagen. Genau diese zu treffen, ist als Privatanleger sehr unwahrscheinlich. Wenn unsere Emotionen Gier und Angst unser Handeln beeinflussen, verlieren wir Geld. Dann kaufen wir bei steigenden Kursen und verkaufen wenn sie wieder fallen. Nur die besten schaffen es wirklich, den Markt langfristig zu schlagen. Dahinter steckt in dem Fall aber eine ganze Menge Arbeit und Stress. Ich für meinen Teil nutze meine Zeit lieber für andere Dinge und den Stress brauche ich erst recht nicht.

Ich will den entspannten Weg zur finanziellen Freiheit und gebe mich für den Großteil meiner Anlagestrategie mit dem Marktdurchschnitt und den Dividendenzahlungen zufrieden! Genau das bietet mir ein Sparplan, der zu festgelegten Zeitpunkten Geld in ETF’s investiert.

Wie siehst du das Thema? Bist du auch der Meinung, dass die meisten Privatanleger mit dem Marktdurchschnitt gut beraten sind? Oder gehörst du zu den wenigen, die es wirklich schaffen den Markt langfristig zu schlagen?

Über deine Kommentare und Fragen würde ich mich freuen!

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Vielen Dank für das Interesse und bis zum nächsten Artikel!

Entspannte Grüße

Dein Roland

 

2 Replies to “Fast alle Privatanleger verlieren Geld mit Market Timing”

  1. Sehr wahr, auch wenn Market Timing immer so verlockend ist (vor allem wenn’s darum gehen soll, schnell Geld zu machen).

    Ich finde leider nicht den Artikel wieder, aber dort wurde Market Timing ebenfalls deklassiert. Zum Schluss zählte die richtige Asset Allokation sowie der Anlagehorizont, der für eine attraktive Rendite sorgte.

    Gruß, Wolfgang

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